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Keine Durchgriffshaftung bei der Limited

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Im Ergebnis kann also festgehalten werden, dass das Privatvermögen der Gesellschafter der Limited besser geschützt ist als dasjenige der Gesellschafter der GmbH.

Das wohl attraktivste Merkmal sowohl bei Limited als auch GmbH ist der Umstand, dass die Haftung auf das Vermögen der Gesellschaft beschränkt ist. Im GmbH-Recht wird diese Haftungsbeschränkung durch § 13 Abs. 2 GmbHG festgeschrieben. Im englischen Recht gilt die Haftungsbeschränkung seit dem Jahre 1897 in Form der sogenannten Salomon – doctrine. Deren Geburtsstunde war die gleichnamige Gerichtsentscheidung. Der Schuhmacher Salomon gründete eine private company und veräußerte an diese sein Unternehmen. Als Gegenleistung erhielt er Schuldverschreibungen der Gesellschaft. Als die Gesellschaft kurz nach diesem Geschäft insolvent wurde, wollten die Gläubiger mangels ausreichenden Gesellschaftsvermögens auf das Privatvermögen des Gesellschafter Salomon zugreifen. Das House of Lords entschied, dass sich die Gläubiger nur an die Gesellschaft halten können, dass das Privatvermögen des Schusters Salemon also nicht hafte.

Nach deutsch-rechtlichen Vorstellungen können Gläubiger auf das Vermögen der Gesellschafter zurückgreifen, wenn die Darlehen, die diese der Gesellschaft zur Verfügung gestellt haben, eigenkapitalersetzten Charakter haben. Das ist dann der Fall,wenn die Gesellschaft sich in einer Krise befindet und eigentlich ohne finanzielle Hilfe nicht weiter existieren könnte. In einer solchen Situation müssten die Gesellschafter der Gesellschaft entweder mehr Eigenkapital zuführen oder die Gesellschaft liequidieren.

Geben sie der Gesellschaft stattdessen Darlehen, also Fremdkapital, dann verlängern sie die Existenz einer nicht mehr lebensfähigen Gesellschaft und gefährden die Gläubiger, die mit einer nicht mehr solventen GmbH weiterhin Verträge schließen. Kommt es also nach der Darlehenshingabe zur Insolvenz und Liquidation der Gesellschaft, dann dürfen die Gesellschafter nicht mit anderen Gesellschaftsgläubigern gleichgestellt werden und ihre Darlehenssummen zurückfordern. Vielmehr sind die darlehensgebende Gesellschafter nur nachrangig Gläubiger und werden nur befriedigt, wenn alle anderen Gläubiger zuvor bezahlt worden sind. Eine Haftung der Gesellschafter im Wege des Durchgriffs kommt auch dann in Betracht, wenn diese die Rechtsform der GmbH und deren beschränkte Haftung treuwidrig ausnutzen und missbrauchen, z. B. wenn sie der Gesellschaft gezielt Geld entziehen und damit ihre Zahlungsfähigkeit gefährden.

Führt ein solches Vorgehen zu einem Schaden der Gesellschaftsgläubiger, dann löst dies eine Haftung der Gesellschafter wegen existenzvernichtenden Eingriffs aus. Schließlich wird in der Literatur auch eine Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung diskutiert, nämlich für den Fall, dass die Gesellschaft von Anfang an nicht mit genügend Mitteln ausgestattet war, um ihre Tätigkeit erfolgreich auszuüben. Allerdings ist die Rechtssprechung mit Bezug auf diesen Haftungstatbestand noch recht zurückhaltend. Entsprechungen zu Durchgriffshaftungstatbeständen der dargestellten Art im englischen Recht gibt es nicht. Dies liegt erkennbar daran, dass es keine materiell relevante Mindestkapitalvorschrift gibt.

Soweit das gezeichnete Kapital eingezahlt ist, beschränkt sich die Haftung auf diesen Betrag. Der Begriff der materiellen Unterkapitalisierung ist dem englischen Rechtsdenken fremd, ganz abgesehen davon, dass mit der Sitztheorie nur englische gesellschaftsrechtliche Haftungstatbestände und eben keine deutsche Anwendung finden, auch wenn in der Literatur zum Teil versucht wird, die Gültigkeit deutscher Haftungstatbestände auch auf ausländische Gesellschaften auszudehnen.

Gleiches gilt für die Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs. Hat die Firmengründung der englische Limited von Anfang an zu wenig Kapital, dann kann auch keine relevante Vermögensentziehung im Wege eines sogenannten existenzvernichtenden Eingriffs erfolgt sein. Allerdings ist eine Haftung der Gesellschafter auch nach englischem Recht denkbar, wenn diese das Gesellschaftsvermögen pflichtwidrig geplündert haben. Soweit nicht Haftungstatbestände nach den strengen Regelungen des englischen trust law vorliegen, sind natürlich auch Haftungstatbestände unter dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung denkbar. Während generell nach der Sitztheorie für gesellschaftsinterne Vorgänge englisches Recht mit englischer Gerichtsbarkeit zur Anwendung kommt, kann es wohl nach herrschender, meines Erachtens jedoch unzutreffender Ansicht bei einer unerlaubten Handlung zur Anwendung deutschen Rechts kommen, und zwar über die entsprechenden Bestimmungen des deutschen IPR, wonach deutsches Recht zur Anwendung kommen kann, wenn der Begehungs- oder Erfolgsort der unerlaubten Handlung in Deutschland liegt. In jedem Falle besteht bei Haftungstatbeständen, die auf behaupteten unerlaubten Handlungen beruhen, die objektive Schwierigkeit, den Schädigern einen Betrugs- oder Schädigungsvorsatz nachzuweisen.

Im Ergebnis kann also festgehalten werden, dass das Privatvermögen der Gesellschafter der Limited besser geschützt ist als dasjenige der Gesellschafter der GmbH. Eine Durchgriffshaftung findet bei der englischen Limited nur im Rahmen des englischen Rechts statt, sofern nicht möglicherweise die Voraussetzungen einer unerlaubten Handlung und damit eine Haftung nach deutschem Recht vorliegen.

Quelle: HEINZ – INTERNATIONAL LEGAL SERVICES
Volker G. Heinz

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