Deutsche Mittelständlern droht hohes Bußgeld

von Insolution Team

Die geplanten höheren Strafen für Mittelständler, die ihrer Publizitätspflicht nicht nachkommen, lösen heftige Kritik aus. Während die Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (ASU) von einem „George-Orwell-Trend“ in Deutschland spricht, beklagt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) die Pläne als „völlig überzogen“.

sig BERLIN. Hintergrund der Vorwürfe ist ein dem Handelsblatt vorliegender Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums. Danach müssen Unternehmen, die sich weigern, ihre Bilanz zu veröffentlichen, von 2007 an mit schärferen Sanktionen rechnen. Mussten Unternehmen bisher mit einem Ordnungsgeld von höchstens 2 500 Euro rechnen, wird der Verstoß künftig als Ordnungswidrigkeit eingestuft, die mit einem Bußgeld von bis zu 50 000 Euro belegt werden kann.

DIHK-Rechtsexpertin Annika Böhm kritisierte die aus Sicht der Unternehmen unverhältnismäßigen Konsequenzen. „Ist das Bußgeld einmal verhängt, muss es auch bezahlt werden, selbst wenn das Unternehmen der Offenlegung noch nachkommt“, sagte Böhm dem Handelsblatt. Zudem verkürze der Entwurf die Fristen zur Offenlegung um einen Monat und gehe damit über die EU-Vorgaben hinaus. „Wir brauchen deshalb eine 1:1 Umsetzung der Frist aus der europäischen Transparenzrichtlinie“, sagte Böhm.

Nach Expertenschätzungen veröffentlicht nur eine von zehn Kapitalgesellschaften – wie gesetzlich vorgesehen – ihre Bilanzen im Handelsregister. Das statistische Bundesamt zählte allein mehr als eine halbe Million publizitätspflichtige Gesellschaften. Im Bundesanzeiger veröffentlichten jedoch nur rund 55 000 Firmen ihren Abschluss oder eine Hinterlegungsbekanntmachung.

Besondere Brisanz erhält der Entwurf mit dem Titel „Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG)“, da er Ermittlungen „von Amts wegen“ vorsieht. Bisher musste ein Registergericht nur tätig werden, wenn ein Antrag vorliegt. Diesen kann seit Frühjahr 2000 jeder stellen, der die Bilanz einsehen will. Zuvor waren nur Betroffene wie Gläubiger oder Betriebsrat berechtigt, die Unterlagen einzusehen.

Ziel der Regelung ist, Lieferanten die Möglichkeit zu geben, sich schnell über die wirtschaftliche Lage von Kunden zu informieren, um nicht von deren Zahlungsunfähigkeit überrascht zu werden. Doch vor allem Familienunternehmen wollen nicht, dass Fremde ihre Bilanzen einsehen. Sie haben laut den Verbänden Angst, dass Konkurrenten die Information zu ihrem Vorteil nutzen.

ASU-Rechtsexperte Peer-Robin Paulus monierte die jetzt vorgesehenen Ermittlungen von „Amts wegen“ als weiteren Eingriff des Staates neben der „Möglichkeit des online-Zugriffs auf Firmen-Konten, der neuen Möglichkeiten der digitalen Betriebsprüfung oder das systematisierte Erfassen von Daten“. Es werde durch diese immer weiter ausufernde Entwicklung zu Umgehungen oder Verlagerungen von Firmen in die Nicht-EU-Länder kommen, sagte Paulus.

Laut Entwurf sollen zukünftig die Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers das Bundesamt für Justiz und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen informieren.
Quelle: HANDELSBLATT

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