Firmengründungen: Deutsche trotzen Klischees
von Insolution Team
Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der
Wirtschaftsfakultät der Universität Witten/Herdecke, in der
das Entscheidungs- und Risikoverhalten von Unternehmern in China, Deutschland
und den USA untersucht wurde. "Obwohl oftmals kolportiert wird, dass Deutsche in
dieser Hinsicht risikoavers sein sollen, belegt unsere Studie, dass dies keine
Gesetzmäßigkeit darstellt und das Gegenteil der Fall sein kann", erläutert
Dietmar Grichnik, Lehrstuhlinhaber für Corporate Finance und Entrepreneurship an
der Universität Witten/Herdecke, im pressetext-Interview.
Wesentliche
Hauptursachen für die erhöhte Risikobereitschaft deutscher Unternehmensgründer
gegenüber amerikanischen sieht der Wirtschaftswissenschaftler in
landesspezifischen Defiziten. "Vor allem soziale und kulturelle Normen sind
hierbei zu nennen, da sich diese - und dies betrifft auch Österreich in
ähnlicher Tradition - nach wie vor als ein Haupthemmnis unternehmerischer
Bestätigung auswirken", sagt der Experte. Gehe man vom Beispiel Deutschland aus,
so sei die Angst, einem unternehmerischen Scheitern zu unterliegen und dem
gesellschaftlichen Sanktionspotenzial ausgeliefert zu sein, weitaus höher als im
Vergleich zu den USA. Scheitere ein Jungunternehmer in Deutschland, so würde
dies unmittelbar als "Makel an der Persönlichkeit" ausgelegt. Amerikaner
hingegen seien laut Grichnik weitaus häufiger nicht erfolgreich, wobei diese
Niederlagen jedoch eher als "Erfahrungsschatz" verbuchen.
Der Experte
plädiert vor diesem Hintergrund für "eine Aufhebung der Klischees" und betont
die Stärkung des Ansehens sowie des Selbstverständnisses der Unternehmer, die
durch ihre Innovationen für wirtschaftliches Wachstum sorgen. "Wir müssen mit
gängigen Stereotypen aufräumen, die ein positives Rollenverständnis des
Unternehmers in Deutschland verhindern", unterstreicht der Lehrstuhlinhaber.
Somit sei weniger eine Konzentration auf die Risikofreude, als vielmehr die
Wahrnehmung des mit der Gründung verbundenen Risikos entscheidend.
Der
Forscher zeigt sich davon überzeugt, dass ein von Anfang an verstärkt
ausgeprägtes Selbstbewusstsein potenzieller Unternehmensneugründer ganz
erheblich die Risikowahrnehmung minimiert und folglich die Neugründung
wahrscheinlicher werden lässt. Dieses in der Theorie der
Entrepreneurshipforschung häufig als irrational beschriebenes Verhalten böte dem
Wissenschaftler zufolge erst die Voraussetzung, sich dem Wagnis einer
Firmengründung überhaupt zu stellen. Demnach spielt es eine zentralere Rolle,
wie sehr Risiken überhaupt wahrgenommen werden, als die generelle Einstellung
zum Risiko selbst. "Hier bedarf die Entrepreneurshipforschung einer
Neuorientierung, die ein derartiges Verhalten nicht a priori als irrational
einordnet, sondern im Einklang mit der jeweiligen Risikoeinstellung als
vernünftiges Verhalten erfasst", so der Experte abschließend. (Ende)
Quelle:
Universität Witten/Herdecke
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