Firmengründungen: Deutsche trotzen Klischees

von Insolution Team

Unternehmer-Selbstbewusstsein bei Risikowahrnehmung entscheidend Witten (pte/13.02.2007/08:30) - Deutsche Unternehmensgründer weisen keine geringere Risikobereitschaft auf als ihr amerikanisches Pendant.

Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Wirtschaftsfakultät der Universität Witten/Herdecke, in der das Entscheidungs- und Risikoverhalten von Unternehmern in China, Deutschland und den USA untersucht wurde. "Obwohl oftmals kolportiert wird, dass Deutsche in dieser Hinsicht risikoavers sein sollen, belegt unsere Studie, dass dies keine Gesetzmäßigkeit darstellt und das Gegenteil der Fall sein kann", erläutert Dietmar Grichnik, Lehrstuhlinhaber für Corporate Finance und Entrepreneurship an der Universität Witten/Herdecke, im pressetext-Interview.

Wesentliche Hauptursachen für die erhöhte Risikobereitschaft deutscher Unternehmensgründer gegenüber amerikanischen sieht der Wirtschaftswissenschaftler in landesspezifischen Defiziten. "Vor allem soziale und kulturelle Normen sind hierbei zu nennen, da sich diese - und dies betrifft auch Österreich in ähnlicher Tradition - nach wie vor als ein Haupthemmnis unternehmerischer Bestätigung auswirken", sagt der Experte. Gehe man vom Beispiel Deutschland aus, so sei die Angst, einem unternehmerischen Scheitern zu unterliegen und dem gesellschaftlichen Sanktionspotenzial ausgeliefert zu sein, weitaus höher als im Vergleich zu den USA. Scheitere ein Jungunternehmer in Deutschland, so würde dies unmittelbar als "Makel an der Persönlichkeit" ausgelegt. Amerikaner hingegen seien laut Grichnik weitaus häufiger nicht erfolgreich, wobei diese Niederlagen jedoch eher als "Erfahrungsschatz" verbuchen.

Der Experte plädiert vor diesem Hintergrund für "eine Aufhebung der Klischees" und betont die Stärkung des Ansehens sowie des Selbstverständnisses der Unternehmer, die durch ihre Innovationen für wirtschaftliches Wachstum sorgen. "Wir müssen mit gängigen Stereotypen aufräumen, die ein positives Rollenverständnis des Unternehmers in Deutschland verhindern", unterstreicht der Lehrstuhlinhaber. Somit sei weniger eine Konzentration auf die Risikofreude, als vielmehr die Wahrnehmung des mit der Gründung verbundenen Risikos entscheidend.

Der Forscher zeigt sich davon überzeugt, dass ein von Anfang an verstärkt ausgeprägtes Selbstbewusstsein potenzieller Unternehmensneugründer ganz erheblich die Risikowahrnehmung minimiert und folglich die Neugründung wahrscheinlicher werden lässt. Dieses in der Theorie der Entrepreneurshipforschung häufig als irrational beschriebenes Verhalten böte dem Wissenschaftler zufolge erst die Voraussetzung, sich dem Wagnis einer Firmengründung überhaupt zu stellen. Demnach spielt es eine zentralere Rolle, wie sehr Risiken überhaupt wahrgenommen werden, als die generelle Einstellung zum Risiko selbst. "Hier bedarf die Entrepreneurshipforschung einer Neuorientierung, die ein derartiges Verhalten nicht a priori als irrational einordnet, sondern im Einklang mit der jeweiligen Risikoeinstellung als vernünftiges Verhalten erfasst", so der Experte abschließend. (Ende)
Quelle: Universität Witten/Herdecke

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