Kampf gegen Scheinfirmen und Lohnbetrug in Österreich
von Insolution Team
Der Pleitefonds widmet sich verstärkt dem Kampf gegen Sozialmissbrauch. 2009 wurde die Auszahlung von 4,8 Mio. Euro verhindert
Das Phänomen ist seit einigen Jahren vor allem in der Baubranche zu
beobachten: Immer mehr Firmen werden ausschließlich zu dem Zweck gegründet,
Steuer- und Sozialbetrug zu begehen. Die beliebtesten Tätigkeitsfelder sind
Innenausbau, Eisenverlegung oder Fassadenputz. Da es sich in der Regel um bloße
Briefkastenfirmen handelt, fallen Finanz und Krankenkassen dauerhaft um die
Einnahmen um.
Mit dem Untertauchen der Verantwortlichen gehen die Probleme für den Insolvenzentgeltfonds - auch Pleitefonds genannt - aber erst los. Eigentlich ist dieser Fonds nämlich dafür zuständig, Mitarbeitern von Konkursbetrieben die noch offenen Ansprüche (Löhne, Abfertigung, Urlaubsgeld) zu ersetzen. Seit 2005 habe man es aber auch hier mit dem Phänomen missbräuchlicher Inanspruchnahme zu tun, sagt Christian Klausner vom Pleitefonds.
In den letzten Jahren wurden daher die Kontrollen verstärkt. Seit März 2008 gibt es auch ein eigenes "Referat zur Bekämpfung von Sozialmissbrauch". Dem Standard liegt nun eine erste Bilanz vor: 2008 wurden rund 3,2 Millionen Euro an Fondsgeldern nicht ausbezahlt, weil die Anträge zu Unrecht gestellt wurden. 2009 stieg die Summe auf 4,8Mio. Euro an. In den ersten vier Monaten des Jahre 2010 wurde bereits die Auszahlung von 1,3 Mio. Euro abgewiesen. Zur Orientierung: Ausgeschüttet wurden im Vorjahr 277 Mio. Euro an Dienstnehmer von Pleitebetrieben.
Gefälschte Lohnzettel
Das Missbrauchsreferat wird aktiv, wenn im Insolvenzverfahren Ungereimtheiten
auftauchen. Typische Beispiele dafür sind: Geschäftsunterlagen sind nicht
vorhanden, die Geschäftsführer sind unauffindbar, Löhne wurden nur sporadisch
bezahlt, die Antragsteller verwickeln sich in Widersprüche. Von den 13
Mitarbeitern der Prüfstelle wurden im Vorjahr rund 2900 Anträge näher
untersucht. In zwei Drittel dieser Fälle wurde dann auch tatsächlich gegen die
Auszahlung des Insolvenzentgelts entschieden. In der Regel halten die
ausgestellten Bescheide auch vor Gericht: 80 Prozent werden bestätigt, nur 20
Prozent werden aufgehoben.
Klausner betont aber auch, dass der überwiegende Teil jener Beschäftigten, die mit ihren Forderungen abblitzen, nicht in die kriminellen Machenschaften der Firmenbosse eingebunden sind. Betroffen sind vor allem ausländische Arbeitskräfte, die entweder schlecht informiert sind, sich auf Versprechen verlassen oder nicht entschieden genug auf einen Dienstvertrag drängen. Im Streitfall hilft das allerdings nichts:Liegt kein Vertragsverhältnis vor, werden auch keine offenen Löhne vom Pleitefonds übernommen.
Aber auch andere Beispiele sind dokumentiert: Gut organisierte Betrüger
versorgen ihre Mitarbeiter mit gefälschten Lohnzetteln oder
Arbeitsbestätigungen. Auch dubiose Lohnverrechner sind bereits aufgeflogen.
Neben den verhinderten Auszahlungen verweist man beim Insolvenzfonds auch auf
die "präventive Wirkung" der Missbrauchsprüfungen. Manche Anträge, die früher
gestellt wurden, würden jetzt wegen Aussichtslosigkeit nicht mehr eingebracht.
Die Folge: Wurden 2007 im Schnitt noch 4600 Euro an Insolvenzentgelt beantragt,
sind es heuer nur mehr 3600 Euro.
Quell: DER STANDARD, Printausgabe
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