Neue Drohmittel für Betriebsprüfer!

von Insolution Team

Abgabenänderungsgesetz. Derzeit ist ein Entwurf in Begutachtung, der für die Firmen Vor- und Nachteile hat. WIEN. Betriebsprüfungen durch das Finanzamt zählen für viele Unternehmer zu den unangenehmen Seiten des Lebens - ähnlich wie Zahnarztbesuche. Und die geplanten Änderungen im Abgabenänderungsgesetz, wie sie derzeit in Begutachtung sind, werden dazu führen, dass diese Prüfungen künftig noch eine Spur mehr gefürchtet werden.

"Was derzeit vorgesehen ist, ist eine ziemliche Grauslichkeit", sagt Friedrich Rödler, Senior Partner der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft PwC PriceWaterhouseCoopers in Wien. Analog zum im September beschlossenen Unternehmensstrafrecht, wird nun auch das Finanzstrafrecht erweitert. Auch juristische Personen und Kapitalgesellschaften können bei Finanzvergehen künftig bestraft werden - und nicht nur Einzelpersonen. Dadurch erhalten die Betriebsprüfer mehr Drohpotenzial. Denn schon bei Fahrlässigkeit der Mitarbeiter in Steuersachen - "Fahrlässigkeit ist ein sehr schwammiger Begriff", sagt Rödler - kann künftig dem Unternehmen eine umsatzabhängige Strafe drohen.

"Die Behörden erhalten mehr Ermessensspielraum", sagt Andreas Kauba, früher selbst Betriebsprüfer und jetzt Steuerberater bei PwC. Er erwartet, dass durch die neue Regelung die Wahrscheinlichkeit von Finanzstrafverfahren nach einer Betriebsprüfung steigt.


Für die Unternehmen bedeuten die Änderungen mehr Bürokratie, denn sie müssen künftig präventiv noch mehr Maßnahmen setzen, um Malversationen zu vermeiden, um Fahrlässigkeit zu verhindern. Denn schon mangelnde Überwachung der Mitarbeiter im Rechnungswesen kann zu einer Strafbarkeit der Gesellschaft führen - zusätzlich zur Strafbarkeit der handelnden Personen. "Dabei wären die Änderungen in diesem Bereich gar nicht notwendig", sagt Rödler im Gespräch mit der "Presse". Um den EU-Vorgaben Genüge zu tun, hätte es ausgereicht, nur Bereiche, die finanzielle Interessen der Union betreffen (etwa Zölle, Einfuhrabgaben und Umsatzsteuer), neu zu regeln.


Hingegen positiv beurteilen die Experten, dass künftig in Sanierungsfällen Begünstigungen ausgedehnt werden. "Bisher war das Problem, dass Buchgewinne bei Unternehmenssanierungen in bestimmten Situationen steuerpflichtig waren", sagt Rödler. Im Falle einer Insolvenz argumentierte das Finanzamt, dass es sich dabei um keine "Sanierung" handeln könne, weil der Betrieb wurde ja nicht fortgeführt - womit dann auch noch Steuern fällig wurden.

Künftig wird im Zuge eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens der Fiskus mit anderen Gläubigern gleichgestellt. "Dadurch sinkt das Risiko, bei einer Unternehmensgründung gegen einen Baum zu fahren und dann auch noch Steuern bezahlen zu müssen", sagt Rödler. Ein Wermutstropfen sei aber, dass diese Regelung nur für natürliche Personen und Privatkonkurse, nicht aber für Kapitalgesellschaften gelte. "Nicht erforderlich" sei dies, heißt es dazu in den Erläuterungen zu den Änderungen. "Das finde ich seltsam", sagt Rödler. Zudem hält er es für wünschenswert, dass auch ein außergerichtlicher Ausgleich ("stiller Ausgleich") nicht steuerlich verhindert wird.


Änderungen gibt es auch beim Umgründungssteuerrecht. "Schon jetzt ist diese Materie nicht einmal für Steuerberater wirklich verständlich", bemängelt Rödler. Und auch mit den jetzigen Neuerungen bleibt die steuerliche Beurteilung von Unternehmens-Reorganisationen kompliziert. Um Schlupflöcher bei Spaltungen beziehungsweise Verschmelzungen von Unternehmen zu stopfen, wird es künftig erschwert, die Kosten der Übernahme-Finanzierung abzusetzen. Auch die Verschiebung von Vermögen zwischen dem neu erworbenen Betrieb und dem beim Verkäufer zurückbleibenden Vermögen werden wesentlich erschwert. "Keine Frage, dass solche Maßnahmen in der Vergangenheit auch dazu verwendet wurde, um Gewinne zu lukrieren", sagt Rödler. Allerdings führen die Änderungen nun dazu, dass Unternehmensverkäufe und -käufe erschwert werden.

Was die Experten bedenklich finden, ist, dass es auch zu einer Änderung im Handelsrecht kommt: Bisher haben Verschmelzungsgewinne bzw. -verluste das handelsrechtliche Ergebnis und damit die Frage, was an Dividenden ausschüttbar ist, beeinflusst. Künftig dürfen diese Gewinne nicht mehr ausgeschüttet werden. "Es ist eine Unart, das über das Handelsrecht zu ändern", sagt Kauba. Denn Steuern sollten seiner Meinung nach nicht über das Handelsrecht, sondern über das Steuerrecht geregelt werden.

Kleine Änderungen gibt es auch in anderen Bereichen: Künftig besteht eine Pflicht, anzugeben, ob Forschungs- und Bildungsfreibeträge in Anspruch genommen wurden. Durch diesen Schritt will der Staat in Zukunft einen besseren Überblick über diese Förderungen bekommen.


Ausländische Kapitalgesellschaften, die in Österreich Immobilien besitzen, müssen in Zukunft immer Steuern bezahlen, wenn sie ihre Liegenschaften mit Gewinn veräußern. Bisher konnten deutsche Konzerne, die beispielsweise in Österreich ein Ferienheim für ihre Mitarbeiter hatten, dieses nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerfrei verkaufen.


Zu kleinen Anpassungen kommt es bei der Gruppenbesteuerung, die im vergangenen Jahr in Kraft trat. Allerdings sieht Rödler hier nach wie vor "Kinderkrankheiten". Weiterhin fehle, dass bei einem Erwerb von Holdinggesellschaften mit operativen inländischen Töchtern der Firmenwert abgeschrieben werden dürfe. "Das ist eigentlich systemwidrig", sagt Rödler. Auf seiner Wunschliste stehen auch noch die Abschaffung beziehungsweise die Reduzierung von Nebensteuern (etwa Gesellschaftssteuer und Rechtsgeschäftsgebühren). Zudem sollten seiner Ansicht nach auch Maßnahmen zur Verbesserung der Eigenkapitalfinanzierung getroffen werden. "In Belgien kann man mittlerweile eine fiktive Eigenkapitalverzinsung von vier Prozent geltend machen", sagt Rödler. Auch eine Erhöhung der Rechtssicherheit, nämlich dass Auskünfte des Finanzministeriums und jedes Finanzamts rechtlich verbindlich sein sollten, wäre vorteilhaft, glaubt Rödler. "Denn Gesetz und Verwaltungspraxis sind oft zwei Paar Schuhe."

Die Begutachtungsfrist für den Entwurf zum Abgabenänderungsgesetz endet am 19. Oktober 2005.
Quelle: MIRIAM KOCH (Die Presse)

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