Wann haften Geschäftsführer (director) einer in Deutschland tätigen Limited
von Insolution Team
Oft verhindert die Kanzlei Dr. Thomas Schulte dadurch
Vermögensverluste und verhelft Geschädigten zu gebührendem
Schadenersatz.
Die Rechtsform der englischen Private company limited by
shares (kurz: Limited oder Ltd.) gewann in Deutschland in den zurückliegenden
Jahren zunehmend an Bedeutung und ist schon lange kein Exot in der deutschen
Landschaft der Kapitalgesellschaften mehr. Die Gründe hierfür sind vielfältig,
die nachstehenden Erwägungen stehen daher nur exemplarisch für den Boom
hierzulande. Dank der in den Grundlagenverträgen der Europäischen Gemeinschaft
garantierten Niederlassungsfreiheit kann jeder Unternehmer ab 1£ Stammkapital
eine Limited gründen und in den Genuss der insoweit auf das Stammkapital in
dieser Höhe beschränkten Haftung kommen. Anders dagegen bei dem deutschen
Pendant, der GmbH, bei der nach wie vor ein Stammkapital von mindestens
25.000,00 Euro aufgebracht werden muss.
Werbung behauptet
Haftungsfreiheit
In der Werbung von so genannten Limited-Agenturen
heißt es nicht selten, dass der Geschäftsführer (director) einer Limited den
Haftungsgrundsätzen, strafrechtlichen Sanktionen und Sperrfristen des deutschen
GmbH-Gesetzes entgehen kann. Stellt die Wahl der Limited als Rechtsform somit
einen sicheren Hafen für in der Vergangenheit bereits gescheiterte
Geschäftsführer dar? Ist dem Missbrauch nun Tür und Tor geöffnet? Oder gibt es
aus haftungsrechtlicher Sicht doch Gründe, dem deutschen Modell der GmbH die
Treue zu halten?
Anwendbarkeit englischen Rechts auf Limited mit Sitz
in Deutschland
Auf den ersten Blick scheint die Abwanderung ins
englische Gesellschaftsrecht verlockend: aufgrund von zwei
Grundsatzentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs ist auf eine nach
englischem Recht gegründete Gesellschaft, die innerhalb der Europäischen
Gemeinschaft eine Niederlassung unterhält, stets englisches Gesellschaftsecht
anzuwenden. Keine Rolle spielt dabei, in welchem Mitgliedsstaat die Limited
ihren Verwaltungssitz hat oder den Großteil ihrer Geschäfte abwickelt.
Allerdings gilt dies nur für das Gesellschaftsrecht, sobald es etwa um
Insolvenzrecht geht, gilt auch für die Limited mit einer deutschen Niederlassung
und einer ausschließlichen Tätigkeit in Deutschland die deutsche
Insolvenzordnung.
Durch diese aus dem europäische Recht resultierende
Rechtsprechung ist eine Rückgriff auf die Haftungsfiguren des deutschen
GmbH-Gesetzes tatsächlich nicht möglich. Hierdurch können zumindest diejenigen
deutschen Regelungen umgangen werden, die entgegen dem Prinzip der beschränkten
Haftung, den Geschäftsführer einer deutschen GmbH in bestimmten
Missbrauchsfällen persönlich in voller Höhe haftbar machen und damit wesentlich
zur Missbrauchseindämmung beitragen. Diese Konsequenz aus dem europäischen Recht
hat auch der Bundesgerichtshof mittlerweile bestätigt.
Inanspruchnahme
nach deutschem Recht
Von den Befürwortern dieser „Enthaftung durch
Wahl einer ausländischen Rechtsform“ wird indessen grundlegend übersehen, dass
der Geschäftsführer durch die Wahl der Unternehmensform Limited keineswegs in
den rechtsfreien Raum optiert. Zunächst verbleibt den Gläubigern, bei einer in
Deutschland tätigen Limited, grundsätzlich die Möglichkeit, den director im
Rahmen einer deliktischen Haftung nach allgemeinem deutschen Zivilrecht in
Anspruch zu nehmen. Diese Möglichkeit erfasst allerdings nur die besonders
krassen Fälle von Gläubigerschädigung; wobei die Beweislasthürden für den
Anspruchssteller hoch sind. Ob daneben auch eine Haftung des directors bei
Verletzung der Insolvenzantragspflicht nach deutschem Recht in Betracht kommt,
ist selbst unter den Gerichten immer noch streitig. Im Kern geht es um die -
bisher noch offene - Frage, ob diese Pflicht dem Gesellschafts- oder dem
Insolvenzrecht zuzuordnen ist.
Die Haftung des directors nach
englischem Recht
Wenn ein Rückgriff auf das vertraute deutsche
Haftungsrecht nicht möglich ist, stellt sich die Frage, ob und inwieweit nach
dem dann anwendbaren englischen Recht, Instrumente einer Inanspruchnahme zur
Verfügung stehen. Der in Deutschland auftretende director der Limited flüchtet
gerade nicht in den rechtsfreien Raum, sondern nur in eine andere Rechtsordnung,
die ihm im Einzelfall sogar erhebliche Probleme bereiten kann, von denen er
vorher noch gar nichts geahnt hatte. Naturgemäß sind auch die englischen
Gerichte mit dem Missbrauch der beschränkten Haftung konfrontiert, was längst
eindämmende Maßnahmen sowohl des Gesetzgebers als auch der Gerichte zur Folge
hatte. Die wichtigsten Haftungsrisiken wollen wir Ihnen kurz
vorstellen:
„Fraudulent trading” und „wrongful
trading”
Insbesondere im Falle der Liquidation einer Gesellschaft
besteht die Möglichkeit, direkt gegen den director vorzugehen, sofern dieser
trotz sich abzeichnender Insolvenz entgegen den Gläubigerinteressen handelt. Im
Falle des „fraudulent trading” ist neben der Liquidation der Gesellschaft
allerdings der Nachweis einer betrügerischen Absicht des directors gegenüber
seinen Vertragspartnern notwendig. Den entsprechenden Beweis einer Kenntnis von
der drohenden Insolvenz und zugleich einer Betrugsabsicht, ist jedoch in der
Praxis nicht sehr leicht zu führend und hat nur in eindeutigen Fällen
realistische Erfolgschancen.
Die director-Haftung wird allerdings durch
das sog. „wrongful trading” ergänzt. Anknüpfungspunkt ist hier die Pflicht des
directors, bei drohender Insolvenz alles zu tun, um eine Schädigung von
Gesellschaftsgläubigern zu vermeiden. Liegt ein Verstoß gegen diese Pflicht vor,
so wird ein Verschulden des directors vermutet. Ein Entlastungsbeweis für den
director ist zwar möglich, in der Praxis jedoch schwer zu führen. „Wrongful
trading” kann bereits dann eine Haftung auslösen, wenn der director die
ausweglose Überschuldung der Gesellschaft hätte erkennen können und müssen. Im
Ergebnis ist damit der director einer Limited in der Insolvenz durchaus
vergleichbaren Haftungsrisiken unterworfen, wie der Geschäftsführer einer
deutschen GmbH.
Einen nicht zu unterschätzenden Nachteil haben die beiden
aus dem angelsächsichen Recht stammenden Haftungsfiguren dennoch: Ansprüche
können nicht durch die Gläubiger, sondern nur durch den Liquidator geltend
gemacht werden. Der Liquidator entspricht dem deutschen Insolvenzverwalter
entspricht. Praktisch bedeutet dies, dass sich im Falle der Verurteilung des
directors nur die Insolvenzmasse erhöht, aus denen die Gläubigeransprüche
bedient werden.
Haftung bei Krise der Gesellschaft
Trotzdem
kann dem director auch außerhalb der Insolvenz eine Schadensersatzpflicht
treffen. In Anlehnung an das „wrongful trading”-Modell entwickelten die
englischen Gerichte eine nach den Voraussetzungen beinahe identische
Haftungsfigur, die bereits bei einer absehbaren Krise der Gesellschaft greift.
Berücksichtigt man, dass der director das Wohl der Gesellschaft in den
Mittelpunkt seiner Arbeit zu stellen habe, gehört dazu bei einer absehbaren
Krise auch die Wahrung der Interessen der Gläubige, da in finanziell schwierigen
Zeiten mit deren Geld gewirtschaftet wird. Die insofern existente Haftungsfigur
ist allerdings nachrangig und greift nur, wenn es nicht zu einem
Insolvenzverfahren kommt.
Fazit: Kein rechtsfreier Raum für den
director
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass auch nach englischem
Recht ein director keine Narrenfreiheit genießt. Auch er haftet bei Verschulden
gerade in der Insolvenz persönlich und in vergleichbarer Form wie der
GmbH-Geschäftsführer. Dass nur der Liquidator bestimmte Ansprüche durchzusetzen
vermag, ändert nichts an dieser Risikobewertung.
Bedenkt man, dass sich
durch Inanspruchnahme des angelsächsischen Rechtskreises auch ein zusätzlicher
Gerichtsstand eröffnet, an dem man verklagt werden kann, scheint eine Flucht
über den Kanal, welches lediglich mit dem Ziel betrieben wird, die Haftung nach
deutschem Recht zu umgehen, als übereilt und angesichts der wesentlich höheren
Beratungskosten, aufgrund der Notwendigkeit zur Beherrschung von zwei
Rechtsordnungen, auch nicht in jedem Fall sehr durchdacht.
Deutsches
Strafrecht gilt zusätzlich
Bei Betrugsstraftaten ergibt sich über die
Normen der §§823 bzw. 826 Bürgerlichen Gesetzbuches zusätzlich eine Haftung der
Hintermänner einer Ltd.. Von Haftungsfreiheit kann bei Vermögensdelikten deshalb
keine Rede sein.
Quelle: Kanzlei Dr. Thomas Schulte
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