Weniger Firmenpleiten in Deutschland
von Insolution Team
Es gibt viele Indikatoren, um die wirtschaftliche Entwicklung
einer Region zu bewerten. Dazu gehören die Lage auf dem Arbeitsmarkt und das
Durchschnittseinkommen ebenso wie das Insolvenzrisiko. Letzteres hat der
Wirtschaftsdienstleister Creditreform wie jedes Jahr auch für die Region
Berlin-Brandenburg untersucht und als »Bonitätsatlas« am Donnerstag in der
Hauptstadt vorgestellt.
Grundlage sind Daten über alle registrierten
Wirtschaftsbetriebe der Region, 153587 in Berlin und 111957 in Brandenburg. Dazu
zählen nicht im Handelsregister erfaßte Kleinstunternehmen ebenso wie GmbHs und
andere Gesellschaftsformen bis hin zu Aktiengesellschaften. Die Gesamtzahl der
Unternehmen liegt aktuell in beiden Ländern auf dem Niveau von 2005, d.h.
Insolvenzen und Neugründungen hielten sich die Waage.
Zwar ist der
»Creditreform-Risiko-Index« (CRI) in beiden Ländern analog zur Bundesentwicklung
im ersten Halbjahr 2007 leicht gesunken, dennoch sei nach wie vor von einem
»erhöhten Ausfallrisiko« auszugehen. so Christian Wolfram von der
Unternehmensberatungsfirma. In Berlin betrug die Pleitenquote 2,52 und in
Brandenburg 2,54 Prozent. Auf der Skala von eins (sehr geringes Ausfallrisiko)
bis sechs (sehr hohes Ausfallrisiko) entspricht das einer Vier. Der
Bundesdurchschnitt liegt bei 2,11 Prozent, in großen Teilen Bayerns und
Baden-Württembergs, aber auch Thüringens wurden Werte unter einem Prozent
registriert.
Die regionalen Ergebnisse für Brandenburg und Berlin sind
auch schlechter als der ostdeutsche Durchschnitt, der mit 2,39 angegeben wurde.
Wesentlich dramatischer als die Durchschnittswerte sind allerdings die
regionalen und branchenbezogenen Spreizungen besonders in Brandenburg. Während
beispielsweise der Kreis Potsdam-Stadt mit 1,65 Prozent und einer glatten »Zwei«
aufwarten kann, schrammte Oberspreewald-Lausitz mit 3,5 Prozent haarscharf an
einer Sechs vorbei. Die kreisfreien Städte Brandenburg und Cottbus befinden sich
ebenfalls in diesem Bereich. Das hat auch Auswirkungen auf die mittelfristigen
Perspektiven.
Für wirtschaftlich schwache Gebiete ohne gefestigte
Gewerbestruktur ist kaum Besserung in Sicht. Sie werden von Firmengründern eher
gemieden, da kaum regionale Wirtschaftskreisläufe existieren. Das verschlechtert
auch die Chancen bereits ansässiger Betriebe, besonders im
Dienstleistungsbereich. Dagegen entfalten die Boomregionen eine gewisse
Sogwirkung und können auf einen weiteren Aufschwung hoffen. Die Umorientierung
der brandenburgischen Wirtschaftsförderung von der Fläche auf sogenannte
Wachstumskerne zeigt hier offenbar Wirkung, wobei die weitere Verödung vieler
Kreise und Gemeinden in Kauf genommen wird.
Die branchenbezogenen
Unterschiede sind gleichfalls enorm. So weisen in Brandenburg das Gast- und das
Baugewerbe, der Handel und die Landwirtschaft im Bundesvergleich extrem hohe
Insolvenzgefahren auf. Ferner ist das Risiko bei einfachen Gewerbebetrieben ohne
Gesellschaftsform und GmbHs besonders groß, während dieser Faktor bei offenen
Handelsgesellschaften, Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften
vergleichsweise gering ist. Generell gilt: Je kleiner und umsatzschwächer die
Firma, desto wahrscheinlicher die Pleite.
Auch in Berlin gibt es enorme
Unterschiede zwischen den und selbst innerhalb der Bezirke. Augenfällig ist
dabei die weitgehende Übereinstimmung der Daten aus dem Bonitätsatlas und
entsprechenden Untersuchungen über die Sozialstruktur.
In Stadtteilen mit
hoher Erwerbslosigkeit, niedrigem Durchschnittseinkommen und vielen
Privatinsolvenzen haben es besonders kleine Unternehmen aus den Bereichen
Handel, Gastgewerbe und personennahe Dienstleistungen extrem schwer. Große Teile
von Spandau, Neukölln, Kreuzberg-Friedrichshain, Wedding und Tiergarten gehören
zur Kategorie sechs, sind also Gebiete mit sehr hohem Pleiterisiko, während
kleine und mittelständische Betriebe in den bürgerlichen Westbezirken Steglitz,
Zehlendorf und Wilmersdorf, aber auch in Teilen von Marzahn und
Treptow-Köpenick, kaum von Insolvenzen betroffen sind. Einen Bundesrekord hat
die Hauptstadt mit 5,45 Prozent bei den Pleiten im Gastgewerbe zu
verzeichnen.
Ouelle: Von Rainer Balcerowiak
Kommentare
Einen Kommentar schreiben