Der Teufel steckt im Detail (Deutschland)
von Insolution Team
Auch bei der Unternehmensteuerreform wächst die Erkenntnis,
dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Vor allem die Personengesellschaften,
also die drei Millionen mittelständischen Unternehmen der Republik, fragen sich
zu Recht, ob die versprochene Entlastung auch bei ihnen ankommt. Der
Bundesfinanzminister betont zwar gebetsmühlenartig, dass auch das Rückgrat der
deutschen Wirtschaft von der geplanten Unternehmensteuerreform profitiere,
tatsächlich vergeht aber kaum eine Woche, in der Wirtschaftsverbände nicht
versuchen, mit eigenen Berechnungen das Gegenteil zu belegen.
Tatsächlich ist die Frage auf den ersten Blick nicht ganz einfach zu
beantworten. Anders als die großen Konzerne zahlen die Personengesellschaften
keine Körperschaftsteuer, sondern unterliegen der Einkommensteuer. Im
Mittelpunkt der Unternehmensteuerreform steht die Entlastung der
Kapitalgesellschaften, die heute etwa 39 Prozent auf ihre Gewinne zahlen und
damit im internationalen Wettbewerb eindeutig benachteiligt sind. Um die
Konzerne zu entlasten, senkt die Regierung die Körperschaftsteuer im nächsten
Jahr von heute 25 auf dann nur noch 15 Prozent. Zusammen mit der Gewerbesteuer,
die, anders als versprochen, nicht abgeschafft wird, sinkt die Belastung der
Kapitalgesellschaften auf knapp unter 30 Prozent. Ein wichtiger Schritt – denn
damit liegt Deutschland im europäischen Mittelfeld und ist deutlich attraktiver
für ausländische Investoren.
Für die Personengesellschaften hat sich die
Bundesregierung ein kompliziertes und damit anfälliges Konstrukt überlegt. So
dehnt die schwarz-rote Koalition – auf Druck der Sozialdemokraten – die
Reichensteuer auch auf gewerbliche Einkünfte in der Einkommensteuer aus. Gut
verdienende Firmen zahlen dann 45 statt 42 Prozent auf ihre Gewinne. Auffällig
ist, dass die Bundesregierung Personengesellschaften in diesem Jahr aus
ökonomischen Gründen von der Reichensteuer verschont hat. Im nächsten Jahr
kassiert die Regierung diese Ausnahme wieder und will Personengesellschaften an
anderer Stelle entlasten. Als Ausgleich für die Steuererhöhung sollen
einbehaltene Gewinne künftig mit einem Satz von weniger als 30 Prozent belastet
werden. Wer dagegen das Geld nicht im Unternehmen belassen will oder es später
für andere Zwecke entnimmt, zahlt künftig mehr Steuern als heute. Die
Versprechen der Regierung werden an diesem Punkt nicht eingelöst.
Es ist
nur logisch, dass die Verbände auf diesen Fehler im Detail hinweisen und
Korrekturen erwarten. Ob und in welcher Form die Regierung zu Nachbesserungen
bei den Personengesellschaften bereit ist, bleibt abzuwarten. Viel zu sehr hat
sich in den letzten Monaten der Eindruck verstärkt, dass die versteckten
Nadelstiche gegen den Mittelstand durchaus gewollt sind. Allzu oft haben
Regierungsexperten zu verstehen gegeben, dass sie den Druck auf
Personengesellschaften künstlich erhöhen wollen, sich in eine
Kapitalgesellschaft umzuwandeln.
Tatsächlich hat kaum ein anderes
europäisches Land einen so großen Anteil an von Personen geführten und
verantworteten Unternehmen. Es gibt jedoch keinen ökonomischen Grund, durch die
geplante Unternehmensteuerreform an dieser gewachsenen Struktur etwas zu ändern.
Vielmehr sollte es Ziel der Regierung sein, die Steuerreform so auszugestalten,
dass Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform besteuert werden. Das ist in
der Tat nicht einfach, weil Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften
traditionell verschiedenen Steuersystemen unterliegen. Die Wissenschaft hat
verschiedene Modelle vorgelegt, um diese Unterschiede zu beseitigen. Im
politischen Alltag ist davon bisher allerdings nichts umgesetzt
worden.
Wenn die Bundesregierung grundsätzlich am bestehenden System
festhalten will, muss sie ihre Unternehmensteuerreform auf eine gleichmäßige
Besteuerung von Handwerksbetrieb und Konzern ausrichten. In der
parlamentarischen Beratung sollte die Kritik der mittelständischen Wirtschaft
daher ernst genommen und die Nachteile beseitigt werden.
Quelle: Sven
Afhüppe
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