Europa macht Unternehmer zum Generaldirektor-Präsidenten
von Insolution Team
Dass sie bislang wenig genutzt wird, mag daran liegen, dass
den meisten Rechtsberatern nicht bewusst ist, wie leicht die
Gesellschaftsgründung ist.
Die monistische Aktiengesellschaft S.A. mit
ihrem allmächtigen Herrn Generaldirektor-Präsident (PDG) gehört in Frankreich zu
den am weitesten verbreiteten Gesellschaftsformen, während in Deutschland der
Mittelstand die einzügige GmbH (Geschäftsführung) auf Grund der geringeren
Organ-Kosten der doppelzügigen Aktiengesellschaft mit Vorstand und Aufsichtsrat
vorzog.
Seit gut einem Jahr ermöglicht die Rechtsform der europäischen
Gesellschaft (SE) auch dem deutschen Mittelstand eine Aktiengesellschaft mit
einheitlichen Verwaltungsorgan zu führen. Die monistische Europäischen
Aktiengesellschaft ist im Zeitalter der Globalisierung attraktiv: sie bringt
eine gewisse Internationalität zum Ausdruck, zeigt als Aktiengesellschaft eine
gewisse wirtschaftliche Stärke und ermöglicht die typischen Vorteile der
Kapitalaufnahme über Aktien, ohne aufgrund ihrer monistischen Struktur mit den
hohen Kosten einer deutschen Aktiengesellschaft oder dem Verlust
unternehmerischen Einflusses verbunden zu sein.
Die Satzung der
Europäischen Gesellschaft sieht als Organe eine Hauptversammlung der Aktionäre
sowie entweder ein Leitungs- und ein Aufsichtsorgan (dualistisches System) oder
(nur) ein Verwaltungsorgan (monistisches System) vor.
Die Geschäfte der
SE werden nach dem monistischen System französischem Vorbilds vom
Verwaltungsorgan geführt. Das oder die Mitglieder des Verwaltungsorgans sind
befugt, die SE gegenüber Dritten zu verpflichten und sie gerichtlich zu
vertreten. Der Verwaltungsrat bestellt geschäftsführende Direktoren, wobei der
Vorsitzende des Verwaltungsrates gleichzeitig auch geschäftsführender Direktor
(Generaldirektor-Präsident) sein kann.
Die Anzahl der Organmitglieder
schrumpft damit im Vergleich zur deutschen Aktiengesellschaft. Zugleich behält
der Alleinunternehmer wie in einer GmbH nicht nur die Gesellschafterversammlung,
sondern auch die Zügel in der Geschäftsführung in der Hand.
Der
einfachste von vier Wegen in die europäische Gesellschaft ist die Gründung einer
Tochter-SE. An einer solchen Gründungen können sich Aktiengesellschaften, GmbH
oder sonstige juristische Personen nach dem Recht eines Mitgliedstaates
beteiligen. Der eigentliche Gründungsvorgang erfolgt nach den vertrauten
Regelungen des Aktienrechtes.
Es hindert die Gründung nicht, dass die
europäische Gesellschaft einen grenzüberschreitenden Bezug erfordert. So ist die
Gründung einer Tochter-SE bspw. durch eine deutsche GmbH und eine Limited nach
englischem Recht möglich. Im Anschluss an die Gründungsphase können sowohl die
Limited als auch die deutsche GmbH mit der europäischen Gesellschaft
verschmolzen werden, sodass am Ende lediglich die ursprünglich als
Tochtergesellschaft gegründete Gesellschaft bestehen bleibt.
Der
nationale Gesetzgeber verlangt die Bestellung mindestens eines
geschäftsführenden Direktors, wobei die geschäftsführenden Direktoren aus der
Mitte des Verwaltungsrates bestellt werden können. Die Mehrheit der Mitglieder
des Verwaltungsrates muss weiter aus nicht geschäftsführenden Mitgliedern
bestehen. Diese Vorschrift ermöglicht es, dass an der Spitze der europäischen
Gesellschaft nur zwei natürliche Personen stehen. Es ist ausreichend, wenn in
der Satzung festgelegt ist, dass der Verwaltungsrat ein Mitglied hat. Das
weiteren muss ein geschäftsführende Direktor bestellt werden. Daraus, dass
dieser nicht gleichzeitig Verwaltungsrates bezieht sein kann, errechnet sich
eine Anzahl von zwei Personen als Organmitgliedern, anstelle von vier Personen
in der deutschen Aktiengesellschaft.
Das Mindestkapital der SE beträgt
120.000 Euro. Der in der Satzung bestimmte Sitz der SE (Satzungssitz) muss dem
Ort ihrer Hauptverwaltung entsprechen, d. h. ihrem tatsächlichen Sitz. Die SE
wird ihren Sitz innerhalb der Gemeinschaft leicht verlegen können, ohne - wie
derzeit üblich - das Unternehmen in einem Mitgliedstaat auflösen zu müssen, um
dann in einem anderen Mitgliedstaat sich neu zu gründen. Die Wegzugsbesteuerung
wird, so zeigt es eine erste Entscheidung aus Paris, für diese Fälle
europarechtskonform neu geregelt werden müssen.
Quelle: Ein Beitrag von
Rechtsanwalt Christian Lentföhr
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